Das Themenfeld „Siedlungsentwicklung, bauliche Substanz" zählt zu den Themenfeldern, die im Prozess zur Erstellung des Leitbild für die Alte Welt sowohl in den Expertengesprächen also auch in der Befragung der Gemeinden mit am häufigsten benannt wurden — dies auch, da die demografischen Veränderungen der letzten Jahrzehnte in engem Bezug zu der Frage der Siedlungsentwicklung stehen. So werden im Thema jeweils sowohl zahlreiche Stärken und Schwächen aber auch Entwicklungspotenziale gesehen.

In der Alte Welt-Initiative ist das Themenfeld mit der Arbeitsgruppe „Bauliche Innenentwicklung" fachlich abgedeckt.

Ausgangssituation

Die Siedlungsentwicklung ist in den verschiedenen Gemeinden sehr unterschiedlich verlaufen. In einigen Gemeinden wurden in den letzten Jahrzehnten sog. Neubaugebiete ausgewiesen, die je nach Lage und anderen lokalen Faktoren mehrheitlich gut gefüllt sind. In der Regel ging mit der Ausweisung und Umsetzung auch eine vergleichsweise positive demografische Entwicklung einher.

In einigen Orten sind vergleichsweise zahlreiche Leerstände zu beobachten, die sich mehrheitlich in den alten Ortskernen bzw. entlang der Durchfahrtsstraßen befinden. In einigen Gemeinden wurden die Leerstände systematisch erfasst — so hatte bspw. Niederkirchen nach letzter Erfassung 48 Leerstände. Andernorts wiederum, z.B. in Finkenbach-Gersweiler, existieren aktuell keine Leerstände.

Die Bodenpreise orientieren sich nach Lage (peripher oder Zentrums- bzw. Autobahn-nah), z.B. in der VG Otterbach-Otterberg: nördliche VG ca. 80 Euro/qm, südliche VG 200 Euro/qm. In weiten Teilen der Region liegen die Preise deutlich darunter.

Raumstrukturelle Gliederung und Zentrale Orte:

Gemäß der raumstrukturellen Gliederung des LEP gehört der überwiegende Anteil der Alten Welt zum „ländlichen Bereich mit disperser Siedlungsstruktur". Lediglich der Bereich der VG Nahe-Glan wird als „ländlicher Bereich mit konzentrierter Siedlungsstruktur" beschrieben.

Nach den Festsetzungen des LEP bezüglich der Zentrale Orte-Struktur sind in der Region als kooperierende Mittelzentren ausgewiesen: Lauterecken (mit Kusel), Rockenhausen (mit Kirchheimbolanden und Eisenberg) sowie Meisenheim (mit Bad Sobernheim und Kirn).

Grundzentren sind gern. RROP Westpfalz: Alsenz und Obermoschel in Kooperation, Otterbach, Otterberg, Wolfstein. RROP Rheinhessen-Nahe: Keine Grundzentren in der VG NG

Die besondere Funktion „Wohnen" durch die Regionalplanung findet sich ausschließlich bei Ortsgemeinden in Tallage (Lage an Bundesstraße), meistens verfügen diese Ortsgemeinden über einen Bahnanschluss. der Frage der Siedlungsentwicklung stehen. So werden im Thema jeweils sowohl zahlreiche Stärken und Schwächen aber auch Entwicklungspotenziale gesehen.

In der Alte Welt-Initiative ist das Themenfeld mit der Arbeitsgruppe „Bauliche Innenentwicklung" fachlich abgedeckt.

Stärken

niedrige Flächenpreise und Immobilienpreise (aus Käufersicht)

Gebäude- und Bauland-Reserven in der Mehrzahl der Orte vorhanden

zahlreiche größere Anwesen, die verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten bieten

einige gute Beispiele für sanierte Gebäude in Ortskernen sowie gelungene Umnutzungen,
v.a. von landwirtschaftlichen Anwesen

in einigen Orten attraktive Sandsteinhäuser v.a. die kleinen Städte mit wertvoller historischer Bausubstanz in ihren Zentren

Dorferneuerungskonzepte und Dorfmoderation in zahlreichen Orten, einige Orte sind hier Beispielgebend in Bezug auf die Aktivitäten (z.B. Kappeln).

Schwächen

aktuelle und potenzielle Leerstände in zahlreichen Orten

Tlw. sanierungsbedürftige Orts-Durchfahrtsstraßen

niedrige Flächenpreise und Immobilien-preise (aus Verkäufersicht)

Teils überzogene Preisvorstellungen von Grundstücksbesitzern/Erben: Hindernisse für die Vermarktung von Immobilien

zahlreiche aufgegebene oder unter-genutzte landwirtschaftliche Nutzgebäude, oft sehr groß und kostspielig in der Unterhaltung (auch: Potenzial)

Orte und Ortskerne teils mit baulichen und pflegerischen Mängeln. Ortsbilder der kleinen Orte in der Summe nicht so attraktiv wie z.B. in bekannteren ländlichen Tourismusregionen sinkende Einwohnerzahlen aber steigende Standards, dadurch steigende Kosten pro Einwohner, u.a. für die Ver- und Entsorgungsinfrastrukturen

wenige Angebote im Bereiche Senioren-Wohnen bzw. Mehrgenerationen-Wohnen, v. a. in den kleineren, eher peripheren Orten

Potenziale für die Region und die Initiative

Ein angenehmes Wohnumfeld ist — neben der Lage — ein elementares Argument bei der Entscheidung zum Zuziehen aber auch für das Bleiben in einer Region. Siedlungsentwicklung und bauliche Substanz sind quasi die „Visitenkarte" eines Ortes bzw. einer Region. In ihnen drücken sich die strukturellen Rahmenbedingungen aber auch die Wertschätzung für die vorhandene bauliche Substanz aus.

vor dem Hintergrund der demografischen Veränderungen steht die Region hier vor großen Herausforderungen. Um zum einen die Chancen auf Zuzug zu verbessern und zum zweiten möglichst vielen Menschen — auch unter veränderten Lebensbedingungen — das Bleiben zu ermöglichen, ist es geboten, die attraktivitätssteigernden Maßnahmen zeitnah und in intensiver Weise anzugehen.

Es bleibt die Zielsetzung, die Siedlungsentwicklung möglichst „Demografie-fest" zu gestalten. Dies bedeutet, sowohl mit Blick auf die teilregional unterschiedlichen Ab- und Zunahmen der Bevölkerung zu agieren - als auch mit Blick auf die insg. „älter" und „bunter" werdende Bevölkerung.

Ein großes Potenzial für die Region ruht dabei darin, durch gezielte Maßnahmen die schon vorhandene Eigeninitiative in der Region weiter zu unterstützen.

Senioren- und Mehrgenerationen-Wohnen auf dem Dorf

Zielsetzung

mehr Angebote in den Bereichen Altersgerechtes Wohnen, Mehrgenerationen-Wohnen sowie flexible Wohnformen in der Region umsetzen — mehr Menschen das Bleiben oder Zuziehen ermöglichen Versorgungseinrichtungen vor Ort bzw. durch geeignete Mobilitätsangebote mögliche Verknüpfung „altersgerechtes (und energieeffizientes) Bau-en/Renovieren" mit regionalem Handwerk.
Bildung von Betriebskooperationen, regionale Leistungsschau.

Inhaltliche Ansatzpunkte

Nachfrage nach seniorengerechtem Wohnen (privat, gemeinschaftlich, betreut, in Verbindung mit Pflegedienstleistern) wird künftig weiter ansteigen; Im betreuten Wohnen / der Pflege werden kleinere, dezentrale Betreuungsformate gewünscht und gebraucht

klassische Zielgruppe des ländlichen Raums, Familien mit Kindern, nimmt ab; kleinere Familien, kinderlose Paare und Alleinstehende suchen flexiblere Wohnangebote

Wichtig v.a. für Senioren und weitere Mobilitäts-eingeschränkt Menschen: Barrierefreie Orts-Gestaltung, Erreichbarkeit von

Maßnahmen

Fortsetzung der erfolgreichen Informations-Arbeit der AG Bauliche Innenentwicklung, ggf. Ausweitung auf die Themen Altersgerechtes Wohnen, Mehrgenerationen-Wohnen, flexible Wohnformen

Beratung und Unterstützung von Kommunen und Privaten Bauträgern bei der Umsetzung ihrer Maßnahmen, z.B. durch Strukturlotsen

Entwicklung von Lösungen/Modellen, die den Standards gerecht werden, aber „bezahlbar" bleiben, B. als Experten-Runde mit lokalen Architekten, Banken, Investoren

Innenentwicklung - Information, Bewusstseinsbildung, planerische Unterstützung, Leerstandslotsen

Zielsetzung
die bauliche Qualität der Orte insgesamt und speziell der Ortskerne mit verschiedenen Maßnahmen verbessern


Inhaltliche Ansatzpunkte / Maßnahmen
Regionale Konzentration auf die Innenentwicklung, planerische Instrumente ausnutzen

ggf. gemeinschaftliche politische Festlegung! Absichtserklärung („Resolution") zur Unterstützung der Innenentwicklung und Berücksichtigung der Anforderungen des demografischen Wandels bei der Siedlungsentwicklung

Regionales Leerstands-Kataster und — Management: Erfassung und Darstellung der Ist-Situation und der voraussichtlichen Entwicklung. Gutes Beispiel in der Region: Kataster der VG Otterbach-Otterberg

ggf. Erleichterungen und Förderungen von Abriss und dorfgerechten Neugestaltungen in den Ortsinnenbereichen

Sanierung von Ortsdurchfahrten. Ausbau zieht private Renovierungen nach sich Steigerung des Bewusstseins für regionale Baukultur und sowie für die Mitverantwortung jedes Einzelnen für die Qualität des Ortsbildes

Gute Beispiele für vorbildliches Bauen, Sanieren, Umnutzungen publik machen

beratende und ggf. finanzielle Unterstützung von beispielhaften Einzelprojekten, z.B. durch die Strukturlotsen

konkrete Modell- und Kostenberechnungen für die jeweilige Ortsgemeinde anstellen

ggf. Einrichtung von „Leerstandslotsen" vor Ort: Datenbestand aktuell halten und Vermarktungsabsichten unterstützen (analog VG Otterbach-Otterberg)

Ausbildungskonzept der Entwicklungsagentur für Leerstandslotsen aufgreifen, Workshopkonzept für Kreisverwaltungen und
Verbandsgemeinden. siehe auch: Handlungsansatz „Dorfmanager"

in Verbindung mit der „Alten Welt" auch das „Neue" betonen: Wie können auf innovative Weise innerörtliche Miss-stände beseitigt werden („nicht nur erhalten und gestalten, sondern auch neu denken und ortsgerecht entwickeln

Handlungsansatz: Dorfraumentwickler, Dorferneuerung, Dorfmoderation, Stadtentwicklung

Zielsetzung
aktivierende Entwicklungsprozesse in möglichst vielen Orten an-stoßen und durchführen

Inhaltliche Ansatzpunkte
In der Mehrzahl der Orte führen die verschiedenen Instrumente zur Orts-Entwicklung zu einem „Mehr" an Aktivitäten sowie an privaten und kommunalen Investitionen

Wichtig als inhaltlich und administrative Voraussetzung zum Erhalt von Förder-mitteln für bauliche Maßnahmen die verschiedenen Instrumente stehen dabei nicht in direkter Konkurrenz, sondern stellen eine Angebots-Palette dar, die den einzelnen Dörfern die Auswahl eines den Ort passgenauen Ansatzes ermöglicht. Wichtig ist eine enge Abstimmung des Einsatzes der Instrumente je Ort.

Das Modellprojekt Dorfraumentwickler stellt dabei einen innovativen Ansatz dar, der v.a. die Jugendlichen des Dorfes aktiv werden lässt.

Maßnahmen
Werbung für das Projekt

Dorfraumentwicklung, für die Erstellung und Fortschreibung von Dorferneuerungskonzepten sowie ggf. andere geeignete Instrumente der Orts-Entwicklung
z.B. über die AG Bauliche Innenentwicklung und/oder über Informations-Veranstaltungen

„Neue Lösungen für alte Höfe“

Zielsetzung
das Potenzial der zahlreichen ehemals landwirtschaftlich genutzten Gebäude und Hofanlagen für neue Nutzungsformen erschließen und dadurch neue Zielgruppen ansprechen

Inhaltliche Ansatzpunkte

Als Zielgruppe kommen grundsätzlich alle in Betracht, die größere Flächen- und Raum-Bedarfe haben, v.a. wenn größere Bereiche keinem Wohn-Standard entsprechen müssen, z.B.

- Wohnen mit Pferden (wichtig: Einbeziehung von lokaler Landwirtschaft und Jagd)

- Kreative, Künstler, Gestalter, etc.,

- Sammler und „Tüftler" (z.B. Oldtimer)

- Handwerks-Betriebe

- Liebhaber alter Bauernhöfe / großer Gärten

In den letzten Jahren wurden in den Dörfern mehrere solcher Fallbeispiele registriert

Hindernisse bleiben: Sanierungs- und Unterhaltungskosten

Ansatzpunkt ist hier zum einen zielgerichtete Vermarktung und zum anderen eine mögliche planerische und finanzielle Umsetzungs-Unterstützung.

Maßnahmen
aufgreifen des Themas in der Alte Weltinitiative, z.B. im Marketing (Homepage), in der AG Bauliche Innenentwicklung oder in weiteren Formaten/Arbeitsgruppen

Dorfmanager

Zielsetzung
Antrag und Umsetzung Modellprojekt Dorfmanager

Inhaltliche Ansatzpunkte / Maßnahmen Siehe auch Handlungsansatz 3.2.4

Konzeptentwicklung für einen Dorfmanager analog zum Sanierungsmanager oder Klimaschutzmanager

Schwerpunkt: Innenentwicklung. Maßnahmen-Spektrum im Bereich Leerstands-lotse, Vermittlung für unbebauter Grund-stücke und Sanierungsberatung

Beantragung Modellprojekt beim

Innenministerium, z.B. über drei Jahre für eine oder zwei Schwerpunktgemeinde(n)

Kompendium zur Dorfinnenentwicklung mit übersichtlicher Darstellung von Instrumenten und guten Beispielen der Dorfentwicklung (sowohl strategisch als auch konkret objektbezogen) der AG Innenentwicklung. Exemplare sind nach wie vor bei den Kreisverwaltungen erhältlich. Ebenfalls über die AG wurde in Zusammenarbeit mit LEADER eine Informationsveranstaltung zur Dorfinnenentwicklung durchgeführt.